UPR-Überprüfung der Schweiz: Kleine Hoffnung für Menschenrechte und Wirtschaft?

Die Schweizer Delegation an der Universellen Periodischen Überprüfung vom November 2017

Im UN-Menschenrechtsrat überprüfen sich die Staaten periodisch gegenseitig in Rahmen der Universellen Periodischen Überprüfung (Universal Periodic Review UPR). Im November 2017 fand für die Schweiz diese Überprüfung zum dritten Mal statt. Dabei richteten 111 Staaten insgesamt 251 (zum Teil gleichlautende) Empfehlungen zur Verbesserung der Menschenrechtssituation an die Schweiz. Ein Schwerpunkt dabei war die menschenrechtliche Verantwortung von Schweizer Unternehmen im Ausland.

Der überprüfte Staat kann die ausgesprochenen Empfehlungen jeweils direkt annehmen, zur Prüfung und späteren Entscheidung entgegennehmen oder ablehnen. Ein Zeichen der Hoffnung ist, dass die Schweiz die Mehrheit der Empfehlungen zu Wirtschaft und Menschenrechten nicht sofort ablehnte, sondern diese zumindest zur Prüfung entgegennahm:

  • Bemühungen zum Aufbau umfassender, verbindlicher und wirksamer Mechanismen gegen Verstösse durch Unternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz, besonders wenn sie im Ausland operieren, sollen fortgeführt werden (Nr. 147.38, Brasilien).
  • Es soll sichergestellt werden, dass die Menschenrechte durch multinationale Unternehmen geachtet werden (Nr. 147.40, Frankreich).
  • Es soll sichergestellt werden, dass Transnationale Konzerne und andere Unternehmen, die im Inland tätig sind oder von der Schweiz aus gemanagt werden, für Menschenrechtsverstösse und -verletzungen haftbar sind (Nr. 147.41, Südafrika).
  • Es soll sichergestellt werden, dass multinationale Unternehmen und ihre Tochterfirmen für jegliche Verletzungen von Kinderrechten und Menschenrechten allgemein rechtlich haftbar sind (Nr. 147.42, Peru).
  • Die Aufsicht über im Ausland tätige Schweizer Unternehmen soll bezüglich negativer Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf den Genuss der Menschenrechte verstärkt werden […] (Nr. 147.39, Palästina).

Da werden verbindliche Mechanismen, die rechtliche Haftbarkeit für Menschenrechtsverstösse im Ausland (auch durch Tochterfirmen) und die Sicherstellung der Achtung der Menschenrechte durch multinationale Unternehmen gefordert – und die Schweiz lehnt diese Empfehlungen nicht ab? Dies sind Inhalte der Konzernverantwortungsinitiative, die der Bundesrat abgelehnt hat, und des entstehenden UN-Abkommens zu Transnationalen Konzernen und Menschenrechten, auf das die Bundesverwaltung inhaltlich noch nicht einmal eingehen will! Ist dies ein Zeichen der Hoffnung, dass sich die Positionen von Bundesrat und Bundesverwaltung doch langsam weiterentwickeln und sich die kategorische Ablehnung aufweicht?

Nachtrag vom März 2018: Die Schweiz hat schlussendlich nur die letztgenannte Empfehlung angenommen (die Aufsicht über im Ausland tätige Schweizer Unternehmen soll bezüglich negativer Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf den Genuss der Menschenrechte verstärkt werden). Die übrigen Empfehlungen, welche bindende / rechtliche Massnahmen vorsehen, wurden abgelehnt. (Quellen: Artikel «Abschluss der UPR-Überprüfung: Die NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz zieht eine gemischte Bilanz» von humanrights.ch und Entscheid und Begründung zu den offenen Empfehlungen; Position der Schweiz gegenüber dem Menschenrechtsrat.)

Einige Empfehlungen hat die Schweiz auch abgelehnt:

  • Die Aktivitäten von Schweizer Unternehmen im Ausland sollen überwacht werden (Nr. 148.46, Ägypten).
  • Es soll ein Regulierungsrahmen für die Einschätzung von Menschenrechts- und Umweltauswirkungen von Unternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz eingerichtet werden (Nr. 148.47, Haiti).
  • Es sollen eine Gesetzgebung erlassen und Massnahmen beschlossen werden um sicherzustellen, dass Unternehmen und ihre in der Schweiz tätigen Firmenzweige für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in der ganzen Welt haftbar sind (Nr. 148.48, Irak).

Die erste Empfehlung steht auch für FIAN Schweiz nicht im Vordergrund und die Ablehnung der zweiten ist verständlich, da die Unternehmen im Rahmen ihrer Sorgfaltsprüfung selbst ihre Auswirkungen ermitteln sollen. Die Ablehnung der dritten Empfehlung ist allerdings nicht ganz verständlich, da es inhaltlich um das Gleiche geht wie bei zwei zur Prüfung entgegengenommener Empfehlungen. Oder hat die explizite Nennung von «Gesetzgebung» abgeschreckt?

Der dritte UPR-Zyklus hat eindringlich vor Augen geführt: Die Achtung der Menschenrechte und Verhinderung von Menschenrechtsverstössen durch Schweizer Unternehmen im Ausland, die Haftbarkeit für solche Verstösse und die rechtliche Regulierung sind auf der internationalen Bühne wichtige Themen und Forderungen. Die Schweiz mit ihrem hohen menschenrechtlichen Anspruch kann sich diesen gegenüber nicht mehr verschliessen, sondern muss sich um eine adäquate Umsetzung bemühen. Die Entgegennahme entsprechender Empfehlungen zur Prüfung lässt darauf hoffen, dass der Bund die internationalen Entwicklungen zum Anlass genommen hat, um die eigenen Positionen weiterzuentwickeln.

Mehr Informationen:
Berichtsentwurf vom 22.11.2017 der UPR-Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Schweiz (englisch)
► Artikel «UPR-Überprüfung der Menschenrechtssituation: Schweiz erhält 251 Empfehlungen» der Informationsplattform humanrights.ch
Informationen zum Verfahren der Universellen Periodischen Überprüfung auf der Informationsplattform humanrights.ch