Inhalt
► Das Phänomen des Land Grabbing
► Menschenrechtsverstösse durch Land Grabbing und industrielle Landwirtschaft
► Die Beteiligung an Land Grabbing durch Finanzierung
► Websites und Dokumente zu Land Grabbing
► Websites und Dokumente zu Investitionen in Landwirtschaft und Ernährung
Das Phänomen des Land Grabbing
Aufgrund verschiedener grosser Krisen – Finanz- und Nahrungsmittelkrise, Energiekrise und Klimawandel – sichern sich Staaten, Agrobusiness, Energiekonzerne und Finanzwirtschaft in gewaltigem Ausmass Landwirtschaftsflächen in zahlreichen Ländern des Südens und vermehrt auch des Nordens. Auf diesen Flächen bauen die Agrarunternehmen auf industrielle Weise Nahrungsmittel, Futtermittel und Agrarrohstoffe für den Export sowie Agrotreibstoffkulturen an – z.B. Zuckerrohr, Ölpalmen, Soja und Jatropha. Die ansässige Bevölkerung wird dafür oftmals gewaltsam vertrieben oder mit nicht oder nur teilweise eingelösten Versprechungen umgesiedelt. Dieses Phänomen nennt man «Land Grabbing» (Landnahme, Landaneignung).
Die derart angeeigneten Flächen gehen für die lokale Nahrungsmittelversorgung verloren. Mit der Verringerung des lokalen Nahrungsmittelangebots steigen die Preise, und die Abhängigkeit von eingeführten Lebensmitteln nimmt zu. Die industrielle Landwirtschaft schädigt die Bodenfruchtbarkeit und die Biodiversität, senkt den Grundwasserspiegel, verschmutzt Wasser und Luft, beutet die LandarbeiterInnen aus und schädigt deren Gesundheit. Die kapitalintensive, stark mechanisierte Produktionsweise bietet pro Fläche viel weniger Arbeitsplätze als die arbeitsintensive kleinbäuerliche Landwirtschaft, womit auch die lokale Einkommenserzeugung abnimmt.
Die Bevölkerung des globalen Südens ist für die ausreichende und stabile Versorgung mit Grundnahrungsmitteln nicht auf Grossinvestitionen aus dem globalen Norden und agroindustrielle Projekte von Konzernen angewiesen. Im Gegenteil: Entscheidend sind primär
- der ausreichende Zugang der bäuerlichen Bevölkerung zu Ressourcen (Land, Wasser, Saatgut u.a.),
- die Schaffung und Sicherung dieses Zugangs durch umverteilende Agrarreformen und Landkataster,
- der Schutz vor Vertreibungen durch Agrarkonzerne und Grossgrundbesitzer,
- die Unterstützung der kleinbäuerlichen ökologischen Landwirtschaft durch angemessene Forschung, Bildung, Beratung, Mikrokredite und Investitionen
Menschenrechtsverstösse durch Land Grabbing und industrielle Landwirtschaft
Land Grabbing und industrielle Landwirtschaft verstossen oft gegen mindestens die folgenden Menschenrechte der unmittelbar und mittelbar betroffenen Bevölkerung:
- Recht auf Nahrung (durch Verlust der Existenzgrundlage aufgrund Vertreibung und Zerstörung der Ernten und durch steigende Lebensmittelpreise)
- Recht auf Wasser (durch Ableitung oder Übernutzung von Flüssen, Senkung der Grundwasserspiegel, Verschmutzung von Wasser durch Pestizide, Verwehrung des Zugangs zu Wasser)
- Rechte auf Wohnen und materielles Eigentum (durch Vertreibung und Zerstörung von Wohnstätten)
- Recht auf Arbeit (durch die Verminderung der Arbeitsplatzdichte)
- Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen (durch schlechte Arbeitsbedingungen und Entlöhnung unter dem Existenzminimum auf den Plantagen)
- Recht auf Gesundheit (durch direkte Vergiftungen durch Pestizideinsätze und durch Verschmutzung von Wasser durch Pestizide)
Die Beteiligung an Land Grabbing durch Finanzierung
An der Finanzierung der Agrarkonzerne und ihrer Projekte beteiligen sich öffentliche und private Banken und insbesondere Fondsgesellschaften, welche z.T. auch das Land beschaffen. Geldanlagen in solche Fonds tätigen insbesondere Pensionskassen, Versicherungen, Firmen, Gemeinwesen und Private. Über die Beitragszahlungen an Pensionskassen und Versicherungen sind alle EinwohnerInnen, Firmen und öffentlichen Institutionen (Gemeinden, Kantone, öffentliche Betriebe, Bund) potentiell an den verheerenden Landaneignungen beteiligt. (s. grafische Übersicht von FIAN Schweiz)
Die entwicklungspolitische Organisation Brot für alle hat in der Studie «Swiss banks and institutional investors financing landgrabbing companies» die finanziellen Verbindungen zwischen 17 ausgewählten Schweizer Banken bzw. institutionellen Investoren und 17 ausgewählten Konzernen, die Land Grabbing betreiben, untersuchen lassen. Davon sind folgende Institute staatliche Institutionen:
- Banque Cantonale Vaudoise
- Luzerner Kantonalbank
- Swisscanto Holding
- Zürcher Kantonalbank
Websites und Dokumente zu Land Grabbing
Allgemeine Darstellungen und Portale
- Land Grabbing: Themenportal von FIAN International
- Land Grabbing: Grafische Übersicht über Prozesse und Akteure von FIAN Schweiz
- Disruption or Déjà Vu? Digitalization, Land and Human Rights. Case Studies from Brazil, Indonesia, Georgia, India and Rwanda von FIAN International, 2020
- Wie sind Gemeinden und Individuen mit Land Grabbing verstrickt? Was können wir dagegen tun? Powerpoint-Präsentation von FIAN Schweiz zur Ökumenischen Kampagne 2017 «Geld gewonnen, Land zerronnen»
- Investitionen in Hunger. Aktiv gemanagtes Agrarland – eine zweifelhafte Kapitalanlage für institutionelle Anleger: Fact Sheet 2014/6 von FIAN Deutschland
- Pensionskassen greifen nach Agrarland: Inforgrafik von FIAN Deutschland (79 x 21 cm), 2014
- Land Grabbing – Moderne Landnahme und das Recht auf Nahrung: Fact Sheet 2010/1 von FIAN Deutschland
- Land grabbing and human rights: The involvement of European corporate and financial entities in in land grabbing outside the European Union: Studie im Auftrag des Europäischen Parlaments, von mehreren FIAN-Autoren, 2016. Hierzu die gekürzte Übersetzung Landgrabbing und Menschenrechte: Die Rolle von EU-Akteuren im Ausland von FIAN International, 2017, und die Mitteilung Europa: zentraler Akteur im Land Grabbing – mit Verbindungen in die Schweiz von FIAN Schweiz.
- Agrar- und Forstunternehmen, die mit Land Grabbing in Verbindung gebracht werden: Zusammenstellung aufgrund einer Literaturauswertung von FIAN Schweiz, 2017
- Land grabbing and nutrition: Challenges for global governance: Right to Food and Nutrition Watch 2010, herausgegeben von FIAN Interntational, Brot für die Welt und ICCO
- Schweizer Plantagen: Übersicht von Public Eye
- The Global Land Grab. A primer. Von Transnational Institute, mit Beteiligung von Roman Herre, FIAN Deutschland, 2013
- Landnahme – Land Grabbing: E-Dossier von Alliance Sud
- «Land Grabbing» – die Gier nach Land: Themenportal von Brot für alle
- Land Matrix: Online Public Database on Land Deals
- farmlandgrab.org: Bericht- und Newssammlung, betrieben von GRAIN
- ‘Land Grabbing’ und Menschenrechte: die FAO Voluntary Guidelines on the Responsible Governance of Tenure: Studie von Jochen von Bernstorff, Institut für Entwicklung und Frieden, 2012
- «Land Grabbing» – die Gier nach Land: EinBlick 1/2010 von Brot für alle
- Entwicklungsbanken und Land Grabbing: Dossier von Brot für alle und Fastenopfer
- «Water Grabbing» – der grosse Durst nach fremdem Wasser: EinBlick 1/2011 von Brot für alle
- Global land grabbing: issues and solutions: Studie von Brot für alle
Länder- und fallspezifische Darstellungen
- Kolonialismus aktuell: Landkonflikt zwischen Bunong, Socfin und kambodschanischem Staat. Dokumentarische Webpage von FIAN Schweiz
- Landraub in Kambodscha. Zuckerrohrplantagen, Menschenrechtsverletzungen und die Initiative „Alles ausser Waffen“ der Europäischen Union. Studie von FIAN Österreich, 2020
- Brasilien: Pensionskassen machen Geschäfte mit Ackerland. Die Kosten für Menschen und Umwelt am Beispiel der Matopiba-Region. Bericht von FIAN Deutschland, 2019
- Human Rights violations in the context of Kaweri Coffee Plantation / Neumann Kaffee Gruppe in Mubende/Uganda. Bericht von FIAN Deutschland und FIAN International, 2019
- Land Grabbing for Palm Oil in Sierra Leone: Analysis of the SOCFIN Case from a Human Rights Perspective. Bericht von FIAN Belgien, 2019
- Struggle for Life and Land: Socfin’s Rubber Plantations in Liberia and the Responsibility of Swiss Companies. Bericht von Brot für alle (mit Zusammenfassung auf Deutsch), 2019
- The Human and Environmental Cost of Land Business. The case of MATOPIBA, Brazil. Bericht von FIAN International, Rede Social de Justiça e Direitos Humanos and Comissão Pastoral da Terra (CPT), 2018
- Land Grabbing in Sierra Leone: Frauen kämpfen um Land und ihre Rechte. Fact Sheet von FIAN Österreich, 2018
- Palmöl und Land Grabbing. Fakten und Basisinformationen. Dokumentation von Brot für alle und Fastenopfer, 2017
- Studie Agribusiness-Expansion, Land Grabbing und die Rolle europäischer privater und öffentlicher Gelder in Sambia. Eine Bewertung basierend auf dem Recht auf Nahrung. Herausgegeben von FIAN Deutschland für die Kampagne Hands off the Land.
- Coffee to Go. Die Vertreibung zugunsten der Kaweri Coffee Plantation in Mubende/Uganda und ihre Folgen. Bericht von FIAN Deutschland. Dazu: Sendung Migros-Kaffeelieferant: Vorwurf von gewaltsamen Vertreibungen von SRF (Direktlink), u.a. mit Interview mit Gertrude Falk von FIAN Deutschland (2018)
- The Netherlands and the Global Land and Water Grab. Bericht von Hands off the Land.
- German Investment Funds involved in Land Grabbing. Studie von FIAN Deutschland.
- Swiss banks and institutional investors financing landgrabbing companies. Studie von Brot für alle.
- «Annual Monitoring Report on the Operations of Addax Bioenergy by Sierra Leone Network on the Right to Food (SiLNoRF) for the Period July 2013 – June 2014» (Addax Bioenergy ist ein Genfer Unternehmen)
Websites und Dokumente zu Investitionen in Landwirtschaft und Ernährung
- Nahrung und Land. Von der Nahrungsmittelproduktion zur Investitionsmöglichkeit: Die Finanzialisierung von Land. Beitrag von FIAN International im «Spotlight: Finanzielle
Gerechtigkeit» von Citizens for Financial Justice, 2019 (ab S. 22) - The Global Response to Foreign Investment in Agriculture: Policy Brief des International Institute for Sustainable Development iisd, 2014; mit guter Übersicht über «Global and Regional Initiatives on Investment in Farmland»
- CFS Principles for Responsible Investment in Agriculture and Food Systems, 2014
- Large-scale land acquisitions and leases: A set of minimum principles and measures to address the human rights challenge: Report of the Special Rapporteur on the right to food, Olivier De Schutter
- Socially Responsible Farmland Investment: A Growing Trap. Diskussionspapier von GRAIN, 2015
- About the Voluntary Guidelines on the Responsible Governance of Tenure: Themenportal der FAO
- Voluntary Guidelines on the Responsible Governance of Tenure of Land, Fisheries and Forests: Freiwillige Leitlinien, verabschiedet von den Mitgliedstaaten der FAO