Klimawandel und das Recht auf Nahrung

Inondation_Tepri_VillageDer Klimawandel ist eine schwere und langfristige Bedrohung für die Ernährungssicherheit und das Recht auf Nahrung von grossen Teilen der Menschheit.

Steigende Luft- und Wassertemperaturen, zunehmende Häufigkeit extremer Wetterereignisse (Dürren, Überschwemmungen, Stürme) und ansteigende Meeresspiegel beeinträchtigen die pflanzenbasierte Landwirtschaft, die Viehzucht und die Fischerei: Die landwirtschaftlichen Erträge gehen wegen Trockenheit, Bodenversalzung und Landverlust zurück, der Fischfang verringert sich wegen Algenblüten und Versauerung der Ozeane, Hochwasser zerstören Ernten, Böden und Lagerhäuser.

Mit einem knapper werdenden Angebot steigen die Nahrungsmittelpreise. Trockenheit, steigende Kohlendioxidimmissionen, aber auch Nässe beeinträchtigen die Nahrungsmittelqualität (Nährstoffgehalt, Pilzinfektionen). Die Unter- und Mangelernährung unter den Armen und Wachstumsstörungen bei Kindern nehmen zu.

Die Auswirkungen des Klimawandels treffen diejenigen Weltregionen und Bevölkerungsgruppen am stärksten, die am wenigsten dazu beitragen: Dies ist Klimaungerechtigkeit. Am härtesten getroffen werden die Kleinbauern und -bäuerinnen, die kleingewerblichen FischerInnen, die Hirtenvölker und indigenen Gemeinschaften in den Entwicklungsländern, und unter ihnen überproportional die Frauen. Da die Kleinbauern und -bäuerinnen und FischerInnen 70 % der globalen Nahrungsmittelproduktion erbringen, lassen sich die verheerenden Folgen für die Welternährung erahnen …

Paradoxerweise gehören die heutige Landwirtschaft und Ernährung – primär die industrielle Landwirtschaft und Ernährungsindustrie – zu den stärksten Treibern des Klimawandels. Aus Viehhaltung, Bodenbearbeitung, Düngung, Überweidung, aus dem Verbrauch an fossilen Energien bei Dünger-, Herbizid- und Pestizidherstellung, Bodenbearbeitung, Ernte, Transport und Verarbeitung stammen gewaltige Mengen an Treibhausgasen (Methan, Stickoxide und Kohlendioxid).

Und als weiteres Paradox gefährden verschiedene Klimaschutzstrategien die vom Klimawandel am meisten Betroffenen und verletzen deren Menschenrechte: Der grossflächige Anbau von Agrotreibstoffen zum Ersatz fossiler Treibstoffe führt zu gewaltsamen Vertreibungen und Umsiedlungen, zu lokaler Verknappung des Nahrungsangebots und zu Preissteigerungen. Der Bau von Staudämmen für die Nutzung der Wasserkraft kann Landwirtschaftsland oder Lebensräume von im Wald lebenden Gemeinschaften überfluten.

In dieser Ausgangslage sind für die Bekämpfung des Klimawandels und das neue Klimaabkommen entscheidend:

      • In das neue Klimaabkommen muss als Basis für Klimagerechtigkeit ein klarer Menschenrechtsansatz mit den Prinzipien von Gleichheit, Nicht-Diskriminierung, Rechenschaft, Partizipation und Stärkung (empowerment) aufgenommen werden. Strategien, Programme und Projekte zur Abschwächung des Klimawandels müssen immer einer Menschenrechtsverträglichkeitsprüfung unterzogen werden.
      • Die ökologische Familienlandwirtschaft muss weltweit zulasten der industriellen Landwirtschaft gefördert werden. Sie ist nicht nur ressourcenschonend und emissionsarm, sondern ist mit der Vielfalt an lokalen Kultursorten und deren laufender Verbesserung auch am widerstandsfähigsten gegenüber dem Klimawandel.
      • Wegen der entscheidenden Rolle der Frauen in der Nahrungsmittelproduktion müssen ihre Rechte – auf Zugang zu Land, Krediten, Technologien, Ausbildung – gezielt gestärkt werden.
      • Der Fleischkonsum muss in den Industrie- und Schwellenländern massiv verringert werden.
      • KonsumentInnen sollen weltweit vorzugsweise lokal und biologisch produzierte, saisongerechte Lebensmittel nachfragen.

Diese Strategie zur Bewältigung des Klimawandels ist gleichzeitig eine entscheidende Strategie für die weltweite Verwirklichung des Rechts auf Nahrung. Klimaschutz, Recht auf Nahrung  und Ernährungssicherheit gehen Hand in Hand!

pdficon_small1Konzeptpapier The Right to Food and Nutrition as Part of Environmental and Climate Justice von FIAN International (2020)

pdficon_small1Artikel Erderwärmung, Klimapolitik und das Recht auf Nahrung von Hilal Elver, UN-Sonderberichterstatterin zum Recht auf Nahrung, in FIAN Fokus 2/2019 von FIAN Deutschland

pdficon_small1Bericht Klimawandel und Menschenrechte. Die Folgen des Klimawandels für das Recht auf Nahrung und das Recht auf Wasser. Anforderungen an die internationale, europäische und deutsche Klimapolitik von FIAN Deutschland (2018)

pdficon_small1Präsentation Klimagerechtigkeit – Die komplexe Beziehung von Klimawandel und Menschenrechten von FIAN Deutschland (2018)

pdficon_small1Artikel Vor uns die Sintflut im Amnesty Magazin Nr. 94, Juni 2018, von Amnesty Schweiz (2018)

pdficon_small1Parallelbericht zivilgesellschaftlicher Organisationen an den UN-Wirtschafts- und Sozialausschuss über die menschenrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands in Bezug auf den Klimawandel (2017)

pdficon_small1Bericht zu Klimawandel und Recht auf Nahrung der UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf Nahrung (englisch, 2015)

pdficon_small1Auszugsweise Übersetzung auf Deutsch von FIAN Schweiz (2015)

pdficon_small1Eingabe Understanding Human Rights and Climate Change des OHCHR an die 21. COP der UN-Rahmenkonvention zum Klimawandel (2015)

pdficon_small1Bericht The Effects of Climate Change on the Full Enjoyment of Human Rights verschiedener UN-SonderberichterstatterInnen (2015)

pdficon_small1Fact Sheet Klimawandel und Landwirtschaft – ein Teufelskreis? von FIAN Deutschland (2012)

pdficon_small1Bericht Menschenrechte im Klimawandel: Anforderungen an die deutsche und internationale Klimapolitik. Schwerpunkt: Menschenrecht auf Nahrung und Wasser von FIAN Deutschland (2009)

pdficon_small1Bericht Climate Change and the Right to Food der Heinrich Böll Stiftung (2009)