UN-Abkommen zu Transnationalen Konzernen: Die Schweiz beginnt sich zu bewegen

Im Oktober 2017 fand die 3. Session der Zwischenstaatlichen UN-Arbeitsgruppe zur Aushandlung eines internationalen Abkommens über Transnationale Konzerne und Menschenrechte («Treaty») statt. Als Rückblick darauf und insbesondere hinsichtlich des weiteren Vorgehens organisierte und moderierte FIAN Schweiz in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA einen Mehrparteien-Austausch am 27. März 2018. Dies war das zweite Treffen, nachdem anfangs Oktober 2017 ein erster Austausch stattgefunden hatte (FIAN Schweiz berichtete darüber).

Am Treffen nahmen VertreterInnen verschiedener Bundesämter, zivilgesellschaftlicher Organisationen, des SKMR und der Privatwirtschaft teil. Im Zentrum stand ein Inputreferat von Prof. Dr. iur. Christine Kaufmann vom Schweizerischen Kompetenzzentrum für Menschenrechte SKMR zum Thema «Einschätzung, Informationen und nächste Schritte zum Treaty-Prozess», an dem sich eine lebhafte Diskussion entzündete.

An den bisherigen Verhandlungen der Zwischenstaatlichen UN-Arbeitsgruppe nahm die Schweiz weitestgehend passiv teil und verkündete noch im 1. Mehrparteien-Austausch, dass sie für eine inhaltlich Mitiwirkung noch nicht bereit sei. Deshalb interessierte am 2. Austausch besonders die Frage, ob es Spielräume für ein gewisses Mitwirken der Schweiz am sogenannten «Treaty-Prozess» gebe. Es kamen tatsächlich verschiedene Möglichkeiten auf den Tisch:

  • Veschiedene Grundsatzfragen des Abkommens (Verhältnis des Abkommens zu den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitsätzen / Adressaten des Abkommens / Geltungsbereich / Konsens über verbindliche Regelungen) bedürfen dringend einer Klärung. Dazu könnte die Schweiz einen wichtigen Beitrag leisten, unterstrich die Vertreterin des SKMR.
  • Zum entstehenden Abkommen gibt es insbesondere von Seiten Bundesverwaltung viele Zweifel und Fragen. Die Schweiz könnte diese in die Zwischenstaatliche UN-Arbeitsgruppe einbringen und abklären, kam der Vorschlag sowohl von Seite der Bundesverwaltung wie der Zivilgesellschaft.
  • Die Schweiz könnte im Treaty-Prozess hinter den Kulissen zur Verminderung der Polarisierung und zur Förderung von Konsens beitragen, merkte ein Vertreter der Bundesverwaltung an.
  • Ein Vertreter der Bundesverwaltung wies darauf hin, dass es im Interesse der Schweiz liege, ein gutes Abkommen auszuhandeln, auch wenn gar nicht sicher ist, dass sie es ratifizieren wird (da Schweizer Firmen in Ländern, die das Abkommen ratifiziert haben, betroffen sein werden).
  • Die Schweiz könnte das Abkommen im Rahmen der Mitglieder-Plattform der UN-Vertragsorgane thematisieren und den Meinungsbildungsprozess der Vertragsorgane verfolgen, schlug ein Vertreter der Bundesverwaltung vor.

Damit zeigt sich: Die Schweiz scheint bereit, erste Schritte in Richtung aktiver Mitwirkung bei der Ausarbeitung des Abkommens zu tun.

Ein weiteres Thema war die Revision des Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Dessen Politikinstrument 37 (Pi 37) behandelt das entstehende UN-Abkommen, schränkt jedoch die vorgesehenen Aktivitäten unnötigerweise auf «beobachten» und mit «gleichgesinnten Staaten abstimmen» ein. Ein von zivilgesellschaftlicher Seite vorbereiteter Vorschlag für die Revision von Pi 37 konnte aus Mangel an Zeit nicht mehr diskutiert, sondern lediglich im Hinblick auf eine künftige Veranstaltung abgegeben werden.

FIAN Schweiz dankt allen Teilnehmenden für die konstruktive Beteiligung am Austausch. Von Seite Bundesverwaltung waren die Abteilung Menschliche Sicherheit (EDA), die Direktion für Völkerrecht (EDA), die Permanente MIssion bei der UNO in Genf (EDA) und das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco (WBF) vertreten (das Bundesamt für Justiz musste sich kurzfristig entschuldigen). Von zivilgesellschaftlicher Seite nahmen Actares, Alliance Sud, FIAN Schweiz, FIAN International und humanrights.ch sowie von Seite Rechtswissenschaft das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte teil. Die Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien und die Gesellschaft für bedrohte Völker mussten sich kurzfristig entschuldigen. Auf Einladung des EDA war auch die Privatwirtschaft mit Vertretern eines Wirtschaftsverbandes und von zwei Grossunternehmen beteiligt. Über das Treffen berichtet ausführlich die Aktennotiz.

Die zivilgesellschaftlichen Organisationen ermutigen nun die Bundesverwaltung, die Umsetzung der vorgebrachten Vorschläge zur aktiven und konstruktiven Mitwirkung am Treaty-Prozess anzupacken.

Der Vorsitzende der Zwischenstaatlichen UN-Arbeitsgruppe hat angekündigt, im Juni einen Abkommensentwurf vorzulegen. Um diesen Entwurf und die Positionen von Bundesverwaltung, Zivilgesellschaft und Rechtwissenschaft zu besprechen, wird FIAN Schweiz einen dritten Mehrparteien-Austausch im Spätsommer/Frühherbst organisieren.

Aktennotiz zum zweiten Mehrparteien-Austausch zwischen Bundesverwaltung, Zivilgesellschaft, Rechtswissenschaft und Privatwirtschaft am 27. März 2018
Themenseite von FIAN Schweiz zum Abkommen über Transnationale Konzerne und Menschenrechte