Betroffene: Landlose, v.a. ehemalige LandarbeiterInnen der Gross-Hacienda «Luisita»
Verantwortliche: Department of Agrarian Reform
Überblick: Das Recht auf Nahrung von 6’212 Bauern auf dem Gebiet der Hacienda Luisita ist trotz der Zuteilung von Landtiteln bedroht. Nach einem jahrzehntelangen Kampf um die Umsetzung des Nationalen Agrarreform-Programms haben die ehemaligen LandarbeiterInnen der Hacienda Luisita schlussendlich ihre Landtitel erhalten: die im Oktober 2013 vom Agrarreform-Departement ausgestellten Eigentumszertifikate. Trotzdem können sie das zugeteilte Land immer noch nicht bewirtschaften, um ihr Recht auf Nahrung zu verwirklichen. Dies geht u.a. zurück auf:
- die schleppende Landvermessung durch das Agrarreform-Departement zur Parzellierung und Zuteilung des Landes, vor deren Abschluss das Land nicht übernommen werden kann
- bestehende informelle und illegale Vertragsverhältnisse mit Mittelsmännern, denen die LandarbeiterInnen besetztes Land aus der Not heraus zum Anbau von Zuckerrohr verpachtet haben
- das Fehlen der landwirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen, die das Agrarreformprogramm vorsieht
- das Fehlen von polizeilichem Schutz gegenüber den Mittelsmännern und ihrem bewaffneten Sicherheitspersonal.
Nähere Informationen:
1988 trat das nationale Agrarreformprogramm der Philippinen (CARP) in Kraft. Mit der Reform sollte alles landwirtschaftlich nutzbare Land über fünf Hektar an landlose Bauern und Bäuerinnen und LandarbeiterInnen verteilt werden. Eine der größten Ländereien, die im Rahmen der CARP umverteilt wurde, war die Hacienda Luisita – eine ausgedehnte Zuckerrohrplantage im Besitz der Familie des gegenwärtigen Präsidenten Benigno Simeon Cojuango Aquino III.
Abschnitt 31 der CARP räumte den Grossgrundbesitzern allerdings die Möglichkeit ein, Kapitalanteile an ihrem Privatunternehmen anstatt Land zu vergeben. Das Unternehmen Hacienda Luisita Inc. wählte diese Art der Landverteilung, die man auch als «Stock Distribution Option» (SDO) bezeichnet. An Stelle von realem Land zur Bewirtschaftung erhielten die LandarbeiterInnen Kapitalanteile, die auf Basis ihrer Arbeitstage berechnet wurden. Da von den Grossgrundbesitzern nach und nach erhebliche Teile der Hacienda in Wohngebiete und zur industriellen und kommerziellen Nutzung umgewandelt wurden, verringerte sich das landwirtschaftlich nutzbare Land. Dadurch reduzierten sich die Produktion und Arbeitstage, was schließlich zu spürbar weniger Nettolohn und zu Entlassungen führte. Entlassene wurden von den Gehaltslisten entfernt und bekamen keine weiteren Kapitalanteile ausgezahlt. Die Gehälter der LandarbeiterInnen waren so gering (zirka zwei US-Dollar täglich), dass sie ihre Familien nicht angemessen ernähren konnten. Konsequenterweise protestierten die LandarbeiterInnen der Hacienda Luisita gegen das SDO-Modell, weil es ihnen das Recht auf direkten Landbesitz verwehrt. Nach jahrzehntelangen Auseinandersetzungen beschloss der Oberste Gerichtshof im April 2012 letztendlich die Abschaffung der SDO und ordnete eine Neuverteilung der 4.102 Hektar großen Ländereien an.
Am 27. Februar 2013 veröffentlichte das Ministerium für Agrarreform (DAR) eine Liste aller Bezugsberechtigten. Die Hacienda sollte an mehr als 6’000 LandarbeiterInnen verteilt werden, denen je eine Parzelle im Umfang von 6’600 Quadratmetern zugesprochen wurde. Die Mehrzahl hat ihre Landtitel mittlerweile erhalten. Dennoch sind diese Menschen de facto noch nicht im Besitz des Landes und können ihr Recht auf Zugang zu Land und Nahrung nicht ausüben. Hierfür gibt es mehrere Ursachen:
- Das DAR führt noch Landvermessungen durch. Auf etwa 50 Prozent der Ländereien stehen die notwendigen Grenzziehungen noch aus. Die Landvermessung und Grenzziehung muss jedoch abgeschlossen sein, bevor die LandarbeiterInnen ihre Parzellen vollständig besiedeln und bewirtschaften können.
- Die Mehrzahl dieser Parzellen wird heute durch Agrarunternehmer bewirtschaftet, die dort Zuckerrohr anbauen. In ihrer Not hatten seit 2004 viele LandarbeiterInnen die Ländereien kurzfristig besetzt und diese in informellen Verträgen über Mittelsmänner («ariendadores») weiterverpachtet. Diese Verträge sind informell, haben keine Rechtsgrundlage und benachteiligen die VerpächterInnen krass. Heute ist bereits 95 Prozent des betitelten Landes über ariendadores verpachtet und mit Zuckerrohr bepflanzt.
- Das DAR hat bis anhin keine Unterstützungsangebote wie etwa Startkredite, Bewässerungssysteme, Saatgut und landwirtschaftliche Geräte gewährt, wie dies gesetzlich vorgeschrieben wäre. Diese wäre von direktem Nutzen für die LandarbeiterInnen, die ihr Land nicht an unterverpachtet haben und es daher unmittelbar bewirtschaften könnten. Auch hat das DAR noch keinen polizeilichen Schutz gegenüber den Mittelsmännern und ihrem bewaffneten Sicherheitspersonal aufgeboten.
Um weiteres Hungerleid zu verhindern muss das DAR den Prozess der Landvermarkung beschleunigen, mit sofortiger Wirkung die LandarbeiterInnen auf den ihnen zugeteilten Landparzellen ansiedeln und dringend die notwendigen Unterstützungsangebote und Schutzmassnahmen bereitstellen.
Die Philippinen haben den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (WSK-Pakt) unterzeichnet und sind daher verpflichtet, das Recht auf Nahrung der EinwohnerInnen zu schützen und zu erfüllen. Die philippinische Regierung verletzte ihre Schutzpflicht, indem sie die unrechtmässigen Bedingungen der Pachtverträge nicht reguliert hat. Die Regierung erfüllt zudem dieses Recht nicht, da sie die Umverteilungsreform CARP nicht ordnungsgemäss umsetzt.
Aktion: Machen Sie mit!
Senden Sie bitte anhand des untenstehenden Textvorschlags ein Mail oder einen Brief an:
Secretary Virgilio de los Reyes
Department of Agrarian Reform
Elliptical Road
Diliman
Quezon City
Philippines
secgildar@gmail.com
His Excellency Benigno Simeon C. Aquino III
President of the Philippines
Malacanang Palace
José P. Laurel Street, San Miguel
Manila
Philippines
op@president.gov.ph
Secretary Proceso J. Alcala
Department of Agriculture
Elliptical Road
Diliman
Quezon City
Philippines
spja_osec@yahoo.com
Laufzeit: 19. Februar 2014 bis 17. April 2014
Bitte lassen Sie uns (kontakt@fian-ch.org) Kopien Ihrer Mails oder Briefe (oder zumindest eine entsprechende Mitteilung) zukommen, damit wir die Teilnahme an der Aktion messen können. Bitte informieren Sie uns auch, wenn Sie eine Antwort auf Ihren Brief erhalten. Besten Dank!
Sie können untenstehenden Textvorschlag in das Mail bzw. den Brief kopieren, den Text nach Bedarf redigieren oder einen eigenen Text verfassen:
Hacienda Luisita – Right to food of 6,212 farmers threatened
Dear Sir,
Recently I was informed about the situation of farmworker beneficiaries in Hacienda Luisita, who have received the Certificates of Land Ownership Awards in September/October 2013 after the land mark decision of the Supreme Court in April 2012, reaffirming its November 2011 decision to cancel the Stock Distribution Option (SDO) for Hacienda Luisita and to redistribute land to the farmworkers.
According to the information received, the farmer beneficiaries are not able to cultivate the awarded land due to several obstacles. Firstly, the DAR is still surveying and placing concrete boundary markers to delineate land boundaries of each farmworker beneficiary. While the process is still ongoing, it has been reported that some of the boundary markers have been removed or destroyed, thus further impeding the installation process. Secondly, many farmworkers – in the face of lack of financial resources to survive – have entered into informal contracts with the ariendador and received minimal yearly loan of maximum PhP 7,000. Many of these informal contracts, which were controversial due to their unjust conditions (denial of access to land) are still in place or have been renewed. Thirdly, social protection measures and direct support services which are urgently needed in order to make the awarded land productive after the completion of the land distribution, especially for those farmworkers who have not leased out their land to ariendador, are lacking.
The Philippines is a State Party to the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (ICESCR) and therefore obliged to protect and fulfil the right to food of its people, including the farmworker beneficiaries of Hacienda Luisita. Secured access to land is fundamental for the rural population who depend on cultivating land to feed themselves adequately. The Philippine government breached its protect-bound obligation under the right to food by not regulating the unjust arrangements of the ariendador that enforced farmworkers’ dependency. Finally, the government of the Philippines has failed to fulfil the right to adequate food of the Hacienda Luisita farmers by not duly implementing the CARP – a program which aims to distribute land to landless farmers and to provide essential social protection measures and support services to guarantee their right to adequate food. As such, I would like to ask you to:
- fast-track the setting up of land markers, immediately install farmworker beneficiaries on the lands awarded to them, and accompany the installation process with police or military;
- provide immediate social protection measures as well as all essential support services (e.g. start up capital/credit, irrigation facilities, seeds, farming machineries (tractors) to the farmworker beneficiaries throughout the post-distribution phase to guarantee their right to food until the farmers are able to cultivate the awarded land;
- identify and persecute perpetrators who have removed or destroyed the boundary markers.
Please keep me informed of the action you plan to take in this regard.
Many thanks for your efforts.
Yours sincerely,