Occupy the food system!

Zivilgesellschaftliche Organisationen verlangen eine Wende in den globalen Entscheidungsmechanismen zu Nahrung und Ernährung

Heute stellten FIAN International, Brot für die Welt und ICCO an einer Pressekonferenz in Genf  den fünften jährlichen Bericht «Right to Food and Nutrition Watch» mit dem Titel «Who Decides About Global Food and Nutrition? – Strategies to Regain Control» vor, erhältlich auf Englisch, Spanisch und Französisch. Der Bericht zeigt auf, dass es unmöglich ist, die Ursachen des Hungers zu bekämpfen, ohne die bestehenden Machtverhältnisse anzutasten. «Nahrung und Macht hängen zusammen. Es ist fast unmöglich, irgendwo auf der Welt jemanden unter den Mächtigen in Gesellschaft und Politik zu finden, der nicht genug zu essen hat», bemerkt Huguette Akplogan-Dossa, die Regionalkoordinatorin des African Network on the Right to Food (ANoRF). «Tendenziell geht Ausschluss aus wirtschaftlicher und politischer Entscheidungsmacht Hand in Hand mit dem Auftreten von Hunger und Mangelernährung.»

Der globale Bericht «Right to Food and Nutrition Watch» 2012 gibt zahlreiche Beispiele von schweren Verletzungen des Rechts auf Nahrung, welche das bestehende globale Ernährungssystem hervorruft: Von gewaltsamen Vertreibungen und Landaneignungen durch Unternehmen oder korrupte Regierungsbeamte, wie die Artikel über Mexiko und den Arabischen Frühling illustrieren, über unangemessene Nahrungsmittelprogramme bis zu spekulativen Investitionen in Agro­treib­stoffe, beschrieben in den Artikeln über Bangladesh, Paraguay und die Philippinen. «Wer seines Landes beraubt wird, seine Familie nicht mehr mit seiner Arbeit ernähren kann und deswegen protestiert, wird häufig verhaftet und wird Opfer von Gewalt. Dies ist unannehmbar», sagt Gerald Staberock, Generalsekretär der World Organisation against Torture (OMCT).

«Wir können es nicht länger akzeptieren, dass chronischer Hunger oder Lebensmittelaufstände als Folge von Naturkatastrophen oder anonymem Marktversagen hingestellt werden», hält Margaret Nakato aus Uganda, Vorsitzende des World Forum of Fish Harvesters & Fish Workers, fest. «Die schrecklichen Lebensumstände von Hunderten von Millionen Leuten werden durch den Verlust an Kontrolle über Nahrung und Ernährung verursacht, und deswegen setzen wir uns für das Recht auf Selbstbestimmung und für Ernährungssouveränität ein.»

Der «Right to Food and Nutrition Watch» 2012 hebt hervor, wer tatsächlich Entscheidungsmechanismen und die Politik zu Nahrung und Ernährung kontrolliert. «Viel zu häufig nutzen Agrobusiness- und Lebensmittelkonzerne ihr Gewicht und ihren Einfluss, um ihre Gewinne zu steigern und die Regeln nach ihrem Interesse und Nutzen zu manipulieren, ohne Rücksicht auf die Interessen der kleinbäuerlichen Nahrungsproduzenten und auf das Überleben ihrer Gemeinschaften – geschweige denn auf die ethischen und rechtlichen Anforderungen des Menschenrechts auf Nahrung», merkt Peter Prove, Executive Director der Ecumenical Advocacy Alliance (EAA), an.

Als Reaktion darauf haben soziale Bewegungen und andere zivilgesellschaftliche Organisationen Strategien entwickelt, um die Kontrolle über Nahrung und Ernährung für die Bevölkerung zurückzugewinnen. «Mit der Reform des Committee on World Food Security wurde eine innovative Art von einschliessender Führung etabliert. Es war ein Durchbruch für jene zivilgesellschaftlichen Gruppierungen, die traditionellerweise von Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen ausgeschlossen wurden», sagt Flavio Valente, Generalsekretär von FIAN International. «Die Zeit ist gekommen, um in der Politik Raum zu besetzen und für den Vorrang der Menschenrechte zu kämpfen.»

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