Ein neuer Beschwerdemechanismus bei Menschenrechtsverletzungen tritt in Kraft

(c) UN Photo AgencyFIAN feiert das Inkrafttreten des Fakultativprotokolls (Zusatzabkommens) zum Internationalen Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte (FP-IPWSKR) am 5. Mai 2013

Unter diesem Abkommen können Opfer von Verletzungen wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte, wie des Rechts auf Nahrung, Gesundheit oder Wohnung, die in ihrem eigenen Land keine Wiedergutmachung erlangen, eine solche auf internationaler Ebene anstreben: Sie können nun eine Beschwerde beim UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) einreichen.

1966 wurde ein analoger Mechanismus für die bürgerlichen und politischen Rechte eingerichtet. Das Inkrafttreten des FP-IPWSKR schliesst eine langjährige Lücke im internationalen Menschenrechtsschutz. Damit bekräftigt die internationale Staatengemeinschaft, dass wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ebenso einklagbar und durchsetzbar sind wie z.B. die Meinungsäusserungsfreiheit oder das Recht auf einen fairen Prozess.

Vor drei Monaten steuerte Uruguay die entscheidende zehnte Ratifikation bei. Die gegenwärtig zehn Vertragsstaaten sind Argentinien, Spanien, Ecuador, Mongolei, Bolivien, Bosnien und Herzegovina, Slovakei, El Salvador, Portugal und Uruguay.

«Das Fakultativprotokoll stellt ein zentrales Instrument vor allem für Menschen in Armut dar, um die Verwirklichung aller Menschenrechte zu erreichen und ihre Staaten für Verletzungen von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten zur Verantwortung zu ziehen», betont Flavio Valente, Generalsekretär von FIAN International.

FIAN International begann für die Ausarbeitung und Ratifizierung des Protokolls 1993 zu lobbyieren, während der Wiener Weltkonferenz über Menschenrechte. Während der letzten acht Jahre hat FIAN mit einer Koalition von mehr als 300 zivilgesellschaftlichen Gruppierungen als Mitglied des Steuerungsausschusses der Koalition ESCR-Net zusammengearbeitet, welche alle Staaten der Welt zur Ratifizierung des Protokolls aufruft.

Das Zusatzabkommen soll die nationalen Mechanismen nicht ersetzen, sondern ergänzen. Diese bleiben das erste Rechtsmittel, um Gerechtigkeit zu erreichen. Allerdings dürften die vom UN-Ausschuss unter diesem neuen Mechanismus getroffenen Entscheide die nationalen und weltregionalen Gerichte beeinflussen. Deshalb sollen Staaten, welche das Fakultativprotokoll ratifizieren, sicherstellen, dass nationale Mechanismen wie Gerichte und Menschenrechtsausschüsse das Mandat und die Fähigkeit haben, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte durchzusetzen.

Unverständlicherweise lehnt die Schweiz die Unterzeichnung und Ratifikation des Fakultativprotokolls ab. «Der Bundesrat sowie das Bundesgericht sind der Auffassung, dass der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte mit einigen Ausnahmen programmatischer Natur ist», lautete die offizielle Stellungnahme der Schweiz zu den offenen Empfehlungen aus der Universellen Periodischen Überprüfung durch die UNO 2013. Wenn andere europäische Staaten das Zusatzabkommen ratifizieren konnten, gibt es jedoch keinen Grund, warum nicht auch die Schweiz dazu in der Lage sein sollte, umso mehr, als sich die Schweiz für ein menschenrechtlich fortschrittliches Land hält. FIAN Schweiz ruft deshalb die ParlamentarierInnen dazu auf, weiterhin auf eine Ratifikation hinzuarbeiten.

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