Der Bund verbietet sich selbst die Nahrungsmittelspekulation, lehnt jedoch die Initiative dagegen ab?

MarketNicht überraschend lehnt der Bundesrat gemäss seiner kürzlich erschienenen Medienmitteilung die Volksinitiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln» ab, die am 28. Februar zur Abstimmung kommt. Doch etwas anderes überrascht: Der Bund verbietet sich selbst die Nahrungsmittelspekulation, d.h. Anlagen in Agrarrohstoffe, oder verzichtet darauf.

Auf die parlamentarische Anfrage Nr. 13.3308 antwortete der Bundesrat: «Der Bund legt Liquiditätsüberschüsse […] an; Agrarrohstoffe sind darin keine zulässige Anlageklasse. Auch im Fall von Postfinance sind Agrarrohstoffe gemäss Anlagereglement des Verwaltungsrates keine bewilligte Anlageklasse. Im ETH-Bereich erlässt der ETH-Rat […] Anlagerichtlinien. Zwar werden darin Rohstoffe (einschliesslich Agrarrohstoffe) als Anlageklasse nicht erwähnt und wären grundsätzlich zulässig, indes hält auch der ETH-Bereich keine solchen Vermögensanlagen». Auch Publica, die Pensionskasse des Bundes, hat verschiedentlich bestätigt, dass sie in der Anlageklasse Agrarrohstoffe keine Vermögenswerte hält. Der Ausgleichsfonds AHV/IV/EO beschloss, ab 2015 im Rohstoffbereich auf Agrarrohstoffe und Viehwirtschaft zu verzichten und nur noch in Energiewerte und Edelmetalle zu investieren.

Zudem hat sich der Bundesrat bei der Beratung des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes vehement dafür eingesetzt, zwei Artikel einzufügen, die ihm die Möglichkeit geben, spekulative Geschäfte über sogenannte Positionslimiten zu begrenzen. Finanzministerin Widmer-Schlumpf erklärte dazu «Positionslimiten […] sind durch eine Behörde oder einen Handelsplatz angeordnete Beschränkungen der offenen Derivatepositionen, das gilt auch für Agrarderivate, […].Der Bundesrat hat im Zusammenhang mit der Volksinitiative “Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln!” überprüft, wo man eine entsprechende Bestimmung aufnehmen könnte. […] Darum ist jetzt hier im Finanzmarktinfrastrukturgesetz die Möglichkeit, eine solche Bestimmung im Grundsatz aufzunehmen». Auch die Volksinitiative setzt sozusagen Positionslimiten: Für die – nicht in der Landwirtschaft involvierten – Finanzmarktspekulanten liegen diese bei Null, für die konventionellen Agrarmarktspekulanten gibt es jedoch keine Grenze.

Angesichts des Tatbeweises des Bundes, sich selbst die Nahrungsmittelspekulation zu verbieten oder darauf zu verzichten, erübrigt es sich, auf die pauschalen und unspezifischen, angstmacherischen Argumente der bundesrätlichen Medienmitteilung einzugehen, die immer dann hervorgeholt werden, wenn eine unliebsame Initiative bekämpft werden soll.