Welternährungstag: Kritische Sicht auf den Einfluss der Konzerne

FIAN begrüsst die Errungenschaften bei der Bekämpfung des Hungers, aber wehrt sich gegen Trends, die den Einfluss von Konzernen auf die Ernährungspolitik weiter stärken.

Local producers©Kyaw Kyaw Winn/AgriCultures Network and World Rural ForumWährend der letzten zwei Jahrzehnte haben weltweite Anstrengungen zur Bekämpfung des Hungers einen Rückgang der Unterernährung erzielt. Gegenwärtige Ansätze zur Verminderung der Mangelernährung erweisen sich jedoch als schädlich für die Menschenrechte der Betroffenen.

Der zunehmende Einfluss von Konzernen auf die Ernährungspolitik hat zu einer Welt beigetragen, die 795 Millionen Hungernde mit einer halben Milliarde Menschen vereint, die an Fettleibigkeit und nicht-übertragbaren Krankheiten leiden. Sowohl Fettleibigkeit als auch Unterernährung werden u.a. zu einem wesentlichen Anteil durch die Einflussnahme von Konzernen auf die Ernährungssyteme von der Produktion bis zum Endverbraucher verursacht. Konzerne werden zunehmend als Helfer gegen Mangelernährung gehandelt und zur Teilnahme an entsprechenden Entscheidungsprozessen eingeladen. Dies geschieht, obwohl sie zu Mangelernährung in all ihren Formen beitragen, von unethischer Vermarktung von ungesunden hochverarbeiteten Lebensmitteln und Muttermilchersatzprodukten über Aneignung und Privatisierung von Ressourcen bis zu Arbeitsrechtsverstössen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Wie vom Generalsekretär von FIAN International, Flavio Valente, kürzlich im Expertenartikel «Food and nutrition: Not for sale» dargelegt, wird der Ernährungsaspekt von der Nahrung und dem gesellschaftlichen und kulturellen Kontext abgelöst, in dem Nahrung erzeugt und verbraucht wird. Ebenso wird Ernährung auf die blosse Messung von Nährstoffen in Lebensmitteln und dem menschlichen Körper reduziert. Anlässlich des Welternährungstags weist Valente darauf hin, dass die Medikalisierung der Ernährung ein Versuch ist, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen zu Objekten zu machen, die sie kaufen müssen. «Dementsprechend wird Mangelernährung auf einen Nährstoffmangel reduziert, der durch äusserliche technische Interventionen wie industrielle Nahrungszusätze, Ernährungspillen und Nährstoffpulver korrigiert werden kann», erläuterte er.

Die Einmischung des Privatsektors in öffentliche Entscheidungsprozesse wird immer geläufiger als Ergebnis des sogenannten «Multistakeholderismus». Die jüngsten Diskussionen in der 42. Session des UN-Ausschusses für Welternährungssicherheit CFS haben bei der Zivilgesellschaft das Bewusstsein für die Risiken gestärkt, wenn das CFS als Multistakeholder-Initiative positioniert werden soll, wie von einigen Akteuren angestrebt.

In diesem Sinne riefen zivilgesellschaftliche Organisationen und soziale Bewegungen die internationale und zwischenstaatliche Natur des CFS in Erinnerung. Sie betonten auch das Prinzip der Nichtausgrenzung, das jedem Staat eine Stimme garantiert – mit der alleinigen Entscheidverantwortung bei den Staaten und nicht auch bei anderen Akteuren. Es soll sichergestellt werden, dass die von Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung am meisten Betroffenen als Rechtsträger im Prozess teilnehmen können. Die unterschiedlichen Rollen zwischen den verschiedenen Akteuren sollen aufrechterhalten statt unter dem Schirm des «Multistakeholderismus» verwischt werden.

Mit Bezug auf die menschenrechtlichen Verpflichtungen der Staaten bekräftigten die zivilgesellschaftliche Organisationen die Wichtigkeit, dass Staaten den gemeinsam definierten Arbeitsplan des CFS umsetzen. «UN-Mitgliedstaaten sollen sicherstellen, dass effektive Sicherheitsmechanismen gegen politische Interessenkonflikte eingerichtet werden, um das CFS gegen ungebührliche Einflussnahme durch Konzerne zu schützen», schloss Flavio Valente.

Zu diesem Spannungsfeld bietet der kürzlich von zivilgesellschaftlichen Organisationen veröffentlichte Right to Food and Nutrition Watch 2015 aufschlussreiche Artikel.

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