Landraub in Sierra Leone: FIAN ersucht die Schweiz um Hilfe

2011 und 2013 schloss die Regierung des westafrikanischen Landes Sierra Leone Pachtverträge über 12’800 Hektaren Landwirtschaftsland mit dem Stammesrat und einzelnen Landbesitzern des Gebiets «Malen» für 50 Jahre ab. Anschliessend übergab die Regierung das Land der Firma Socfin Agricultural Company Sierra Leone (SAC) in Unterpacht. Bis 2018 dehnte SAC die Kontrolle auf über 18’000 ha aus – zwei Drittel der Fläche von Malen.

Die betroffenen Gemeinschaften und Eigentümer wiesen im Zusammenhang mit der Landaneignung von Beginn weg auf schwerwiegende Mängel und Rechtsbrüche hin: Mangelnde vorgängige Konsultation und Information; fehlende Transparenz und massive Korruption; Druck, Einschüchterung und Drohungen; die fehlende freie, vorgängige und informierte Zustimmung von Seiten der Betroffenen; ungenügende Entschädigungen und deren z.T. fehlende Auszahlung; ungenügende Vermessung und Vermarkung des Landes; extrem schlechte Arbeitsbedingungen auf den Plantagen.

Die betroffenen Dörfer sind nun von Ölpalmplantagen umzingelt und haben zuwenig eigenes Ackerland. Dem extremen Verlust an Land und Einkommen steht nur eine geringe Anzahl schlecht und willkürlich bezahlter Arbeitsplätze auf den Plantagen gegenüber. Die Einkommens-, Ernährungs- und Gesundheitssituation haben sich erheblich verschlechtert, viele Männer haben auf der Suche nach Arbeit ihre Familien verlassen.

SAC ist eine Tochterfirma des multinationalen Konzerns Socfin, der in Afrika und Asien Ölpalm- und Kautschukplantagen betreibt. Socfin ist in Luxemburg registiert, hat jedoch, neben Büros in Brüssel, den operativen Hauptsitz in Fribourg in der Schweiz, wo auch verschiedene Tochterfirmen niedergelassen sind. Damit ist Socfin ein Unternehmen mit engem Bezug zur Schweiz.

Seit vielen Jahren wehren sich die betroffenen Gemeinschaften gegen die erniedrigende Situation, bis anhin ohne Erfolg. Sie werden dabei u.a. von FIAN Belgien und dem Oakland Institute (USA) begleitet und untersützt. Um den immer bedrohlicheren Konflikt zu entschärfen, wurde im August 2018 zwischen Regierung, Stammesführern und Betroffenen die Durchführung einer unabhängigen Untersuchung als Basis für eine friedliche Problemlösung ins Auge gefasst. Um dieser Absicht zum Durchbruch zu verhelfen, ersuchten FIAN Schweiz, die sierraleonische Organisation Green Scenery und FIAN Belgien das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA in einem Brief, die Regierung von Sierra Leone zur Durchführung der unabhängigen Untersuchung zu ermutigen und hierzu Unterstützung anzubieten.

Leider hat das EDA diese Bitte in einer ersten Reaktion abgelehnt. FIAN Schweiz wird 2019 zusammen mit Partnerorganisationen den Dialog mit dem EDA fortführen und – basierend auf der menschenrechtlichen Schutzpflicht der Schweiz – um Massnahmen ersuchen.

mehr:
► Themenseite Landgrabbing by SOCFIN in Sierra Leone – documentation auf der Website von FIAN Belgien
Brief vom 01.11.2018 von FIAN Schweiz, Green Scenery und FIAN Belgien an das EDA