Kolonialismus in Kambodscha durch einen luxemburgisch-schweizerischen Agrarkonzern: Zum zweiten Mal weissgewaschen – aber Luxemburg zeigt erste Einsicht

(c) CamboJa / Jack Brook

Die kambodschanische Regierung übertrug vor bald 15 Jahren grosse Gebiete an den luxemburgisch-schweizerischen Agrarkonzern Socfin – ohne Konsultation und Zustimmung des indigenen Volks der Bunong. Eine von der Schweiz, Luxemburg und Deutschland finanzierte Mediation zwischen betroffenen Bunong-Familien und dem Konzern versuchte, diesen kolonialen Prozess weisszuwaschen und in fragwürdiger Weise zu legitimieren (siehe Artikel).

Die Auftraggeberin der seit längerem kritisierten Mediation beauftragte anschliessend selbst das Australian Disputes Centre mit der Evaluierung der Mediation. Der Evaluationsbericht lobt in der Art einer Werbe- und Rechtfertigungsbroschüre die Mediation über alle Massen.

Die Zivilgesellschaft lehnt den Bericht weitgehend ab, weil er vom Ansatz her problematisch und methodisch fehlerhaft ist und selbst von einer kolonialen Haltung zeugt. Der Bericht stützt sich auf Daten, die bei Vertretern der beteiligten Familien erhoben wurden, zieht aber Rückschlüsse auf ganze «Dörfer» und die «Gemeinschaft» (alle beteiligten Dörfer). Er stellt damit das Ausmass der (vermeintlichen) Konfliktlösung falsch dar. Die in den letzten Jahren in Bu Sra gesammelten Zeugenaussagen widersprechen zahlreichen Feststellungen des Berichts. Trotz des Lobes offenbart der Bericht deren inakzeptable Prämisse: «[…] die Gemeinschaft war pragmatisch. Sie erkannte, dass das Land, das sich jetzt in den Kautschukplantagen von Socfin Cambodia befindet, nicht an sie zurückgegeben werden würde», da «das Land nicht mehr in seinem ursprünglichen Zustand war». Damit hatte der Konzern schon von Beginn an gewonnen.

Insgesamt wäscht der Bericht die Mediation weiss, welche ihrerseits die neokoloniale Landaneignung weissgewaschen hatte. FIAN Schweiz kritisiert den Bericht in einem Kommentar scharf.

Nach Gesprächen mit schweizerischen und deutschen Behörden wandten sich acht Organisationen aus Kambodscha, der Schweiz, Luxemburg, Deutschland und Belgien (darunter mehrere FIAN-Sektionen) mit einem öffentlichen Statement an die luxemburgische Regierung. Diese trat in ihrem Antwortbrief erfreulicherweise auf einen Vorschlag der Organisationen ein: «Die Einrichtung eines Mechanismus zur Konfliktlösung und Wiedergutmachung könnte in der Tat ein Element sein, das in Betracht gezogen werden sollte.» Ein erstes Zeichen der Anerkennung, dass der Landkonflikt eben doch noch nicht gelöst ist.

Bereits das abschliessende Joint statement der Mediation hatte eingestanden, dass die offenen Fragen mit den Kautschuk-Vertragsbauern nicht gelöst werden konnten – die Mediation vereinbarte lediglich, dass die Beteiligten «über einen neuen Vertrag diskutieren werden». Gemäss einer kürzlichen Recherche von CamboJa News liess Socfin vor über einem Jahr die Frist für die Vorlage eines neuen Vertrags verstreichen. Stattdessen erdreistet sich der Agrarkonzern, bei den Vertragsbauern «Schulden» im Umfang von Zehntausenden, wenn nicht weit über Hunderttausend Dollar einzutreiben – für die Anpflanzung von Kautschukbäumen auf Land, das zuvor zu ihrem Territorium gehörte. Der Konzern schlägt nicht nur seit vielen Jahren Gewinn aus dem missbrauchten Indigenen-Territorium, sondern versucht noch zusätzliches Geld aus den schwer betroffenen Familien herauszupressen.

Kürzlich wurden die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen verschärft. Auf dieser Basis ist ein neuer Vorstoss der beteiligten zivilgesellschaftlichen Organisationen in Vorbereitung: Darüber berichten wir im nächsten Artikel.

►„ mehr dazu: Webpage Kolonialismus aktuell: Landkonflikt zwischen Bunong, Socfin und kambodschanischem Staat