UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten: Argumentarium von FIAN Schweiz

Im Juli beginnen die Verhandlungen über das neue Abkommen über Transnationale Unternehmen und Menschenrechte bei der UNO in Genf. FIAN Schweiz hat dazu ein Argumentarium verfasst, das in 17 Fragen und Antworten über Gründe, mögliche Inhalte, Stärken und Vorteile des Abkommens, über Zweifel und über offene Fragen zum Ausarbeitungsprozess und die mögliche Rolle der Schweiz informiert.

Einen erste Einblick gibt die Zusammenfassung:

Was sind mögliche Inhalte des neuen Abkommens?
Das Abkommen dürfte Regelungen in den Bereichen Prävention, Rechenschaft und Strafverfolgung, Zugang zum Recht, Überwachung, internationale Zusammenarbeit und Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen treffen.

Soll das Abkommen nicht auch die nationalen Unternehmen erfassen?
Die Resolution sieht dies zwar nicht vor, doch kann die Regulierung nationaler Unternehmen nach Verhandlungsabschluss über die transnationalen Unternehmen unterstützt werden.

Warum braucht es ein Abkommen neben den Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechten?
Die bestehenden, rechtlich unverbindlichen Instrumente bewirken keine ausreichende Verhinderung und Verfolgung von Menschenrechtsverstössen durch Unternehmen. Das Abkommen könnte die Leitprinzipien entscheidend stärken.

Was sind die Stärken des Abkommens?
Das Abkommen wird eine internationale, einheitliche und rechtsverbindliche Lösung für die Schliessung der gravierenden Lücken im Menschenrechtsschutz darstellen. Damit wird es insbesondere den Zugang zum Recht, die Strafverfolgung und Wiedergutmachung von Verstössen ermöglichen bzw. stärken.

Wie verträgt sich das Abkommen mit den Leitprinzipien?
Das Abkommen wird sich zu den Leitprinzipien komplementär verhalten, auf ihnen aufbauen und eine Fortsetzung bilden. Es wird nicht Konkurrenz oder Ersatz für die Leitprinzipien sein. Auch John Ruggie schlug eine Fortsetzung des Prozesses vor.

Ist es nicht zu früh für ein Abkommen?
Nein. Da die Leitprinzipien und das Abkommen unterschiedliche Instrumente sind, besteht keine zeitliche Abhängigkeit. Für die Opfer von Menschenrechtsverstössen ist das Abkommen überfällig.

Droht dem Abkommen nicht ein Scheitern wie bei den Draft Norms?
Nein. Da es keine Parallelen zwischen Draft Norms und Abkommen gibt und die Ausgangslage eine völlig andere ist, kann das damalige Scheitern nicht auf das Abkommen projiziert werden.

Verstärkt die Aushandlung des Abkommens die Polarisierung nicht noch weiter?
Nein. Die eigentliche Polarisierung war ja auch nicht die Teilung in befürwortende und ablehnende Staaten, sondern die Weigerung der EU, ohne Vorbedingungen an den Vertragsverhandlungen teilzunehmen. Die aktive, bedingungslose und konstruktive Teilnahme vieler Staaten wird die «Polarisierung» überwinden.

Wäre ein Multistakeholder-Ansatz nicht besser?
Nein. Bei der Ausarbeitung von internationalen Verträgen im Rahmen der UNO sind nur die Staaten und zivilgesellschaftliche Organisationen mit Beraterstatus legitimiert, an den Verhandlungen teilzunehmen. Die Privatwirtschaft vertritt im Gegensatz dazu keine öffentlichen Interessen.

Soll das Abkommen im Konsensprinzip erarbeitet werden?
Nein. Mit dem Konsensprinzip wird nur der kleinste gemeinsame Nenner erreicht, da die Staaten faktisch ein – undemokratisches – Vetorecht haben. Im Bereich der Rechtsetzung ist das Mehrheitsprinzip das übliche und demokratische Verfahren.

Wie verhält sich das Abkommen zur Konzernverantwortungsinitiative?
Die Initiative nimmt erste Bausteine aus dem möglichen Umfang des Abkommens auf. Da das Abkommen eine internationale Lösung mit Zusammenarbeit der Staaten ermöglichen sollte, wird es einen stärkeren Menschenrechtsschutz gewähren.

Was sind die Vorteile für Unternehmen?
Die international einheitliche Lösung schafft Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit für transnational operierende Unternehmen. Sie vermeidet Wettbewerbsnachteile und juristische Risiken.

Was sind die Vorteile für die Vertragsstaaten?
Das Abkommen wird sie im Menschenrechtsschutz und in ihrer Position gegenüber transnationalen Unternehmen entscheidend stärken und die Ausarbeitung der nationalen Gesetzgebung erheblich erleichtern.

Was könnte die Rolle der Schweiz sein?
Wir ersuchen die Schweiz, sich für eine bedingungslose Verhandlungsaufnahme durch alle Staaten, einen klassischen und sauberen UN-Vertragsausarbeitungsprozess mit Mehrheitsprinzip und eine etappierte Behandlung der transnationalen und nationalen Unternehmen einzusetzen.

pdficon_small1Argumentarium «Ein neues UN-Abkommen zu transnationalen Unternehmen und Menschenrechten»

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